Erschienen am 19.01.2022
Seit mehr als 16 Jahren ist Jens Gruttke Vereinschef des BSC Motor Rochlitz. Der vielseitige Präsident hofft, dass in diesem Jahr wieder mehr Leben in die Sportstätten einkehrt - verbunden mit einem klaren Appell an die Gesellschaft.
Beim Gesprächstermin in der vergangenen Woche ist Jens Gruttke zunächst etwas nervös gewesen. Nicht, weil der Präsident des BSC Motor Rochlitz bei Pressegesprächen grundsätzlich aufgeregt sei – sondern vielmehr wegen der neuen Corona-Schutzverordnung in Sachsen mit Auswirkungen auf den Breitensport in seinem Verein. „Ich habe jetzt schon eine Weile versucht, beim Kreissportbund jemanden zu erreichen, der mir Auskunft geben kann. Doch das hat noch nicht geklappt“, sagt Gruttke. „Unsere Sportler wollen wieder loslegen – und für einige ist das sehr wichtig.“
Gerade im Gesundheitssport und den Gymnastik-Gruppen sieht Jens Gruttke einen großen Bedarf. „Sie sind nach den Fußballern unsere größten Abteilungen im Verein. Und viele brauchen die sportlichen Übungen, um ihre Gesundheit in der Tat zu erhalten.“
Der 55-jährige Rochlitzer steht seit 2005 an der Spitze des Klubs, der – von der Mitgliederanzahl her gesehen – seit vielen Jahren zu den vier stärksten Sportvereinen in Mittelsachsen zählt. „Durch die Pandemie haben wir dennoch 50 Mitglieder eingebüßt – und ich hoffe, dass es nicht noch mehr werden“, sagt der Vereinschef. 690 zählt der BSC derzeit.
Vor allem fehlt es durch die sportlichen Zwangspausen an den neuen Mitgliedern in den jüngeren Altersklassen. „Obwohl wir auch da Angebote haben, die gut angenommen werden“, berichtet Gruttke und denkt dabei zum Beispiel an die Kindersportgruppe, die sich immer am Montagnachmittag trifft. „Dort ist die Resonanz so groß, dass wir inzwischen weitere Trainer oder Trainerinnen benötigen.“
In seiner Amtszeit, die inzwischen mehr als 16 Jahre anhält, musste Jens Gruttke schon einige Hürden meistern. Die größte für den Verein war dabei die Hochwasserkatastrophe im Jahr 2013. „Aber das Ereignis damals ist mit der Pandemie jetzt überhaupt nicht vergleichbar“, blickt er zurück. „Damals gab es im Nachgang eine enorme Solidarität unter den Vereinsmitgliedern, viele haben sofort mit angepackt. In der Pandemie muss jeder die Situation für sich allein annehmen und das Beste daraus machen.“ Der Vereinschef war und ist in beiden Krisen als Moderator gefragt. „2013 haben wir mit der Insel und dem Hartplatz gleich zwei Fußballplätze verloren. Als es darum ging, einen Kunstrasenplatz zu bauen, war nicht jeder Fußballer begeistert.“ Doch die Vereinsführung trotzte damals den skeptischen Stimmen und überzeugte den Großteil der Kicker.
„Wir sind mit den Mitgliedern zu RB Leipzig gefahren und haben uns dort topmoderne Kunstrasenplätze angesehen“, so Gruttke. „So einen haben wir nun, wenngleich er ähnlich viel Pflege in Anspruch nimmt wie ein Rasenplatz und spätestens 2030 erneuert werden muss.“
Auch in der Pandemie bezieht Jens Gruttke klar Stellung. „Ich bin ein Mann der direkten Worte“, sagt er. Beim Thema Impfen ist sein Wort in den kommenden Wochen wieder gefragt. „In Rochlitz gibt es durchaus eine breite Masse, die dagegen ist. Aber ich bin in einer Position, in der ich auch ein Zeichen setzen muss.“ Gruttke ist bereits geboostert. Vorstandsmitglieder, die nicht geimpft sind, dürfen bei Sitzungen nur auf digitalem Weg teilnehmen. „Obwohl ich alle gern mal wiedersehen würde“, sagt der Koch, der in einem Frankenauer Speisehof arbeitet und vor kurzem aus Frankenau zurück nach Rochlitz gezogen ist.
Sportlich hat sich der Familienvater im Lockdown mit Laufen fitgehalten. „Ich habe oft meine Runden im Stadion gedreht, sodass es meist 4000 Meter pro Einheit geworden sind.“ Künftig möchte er wieder den Tischtennisschläger schwingen: Gruttke spielt in der ersten Männermannschaft des Vereins (2. Kreisliga). „Und natürlich vermisse ich die Freitagabende mit den Alt-Herren-Fußballern.“ Dass Fußball seine größte Leidenschaft ist, daraus macht Gruttke keinen Hehl. „Ich habe mich als damals 38-Jähriger von Trainer Uwe Schneider überreden lassen, noch einmal in der ersten Mannschaft mitzumachen. Er brauchte einen Strippenzieher im Mittelfeld.“ Nach dem Aufstieg in die Bezirksklasse blieb er noch weiter am Ball. „Am 9.Mai 2007 wurde ich nach dem Spiel gegen Germania Chemnitz verabschiedet“, erinnert sich Gruttke. Nun hofft er, dass die Bälle bei allen Teams zeitnah wieder rollen. „Es wäre schön, wenn die Sportler aller Abteilungen ihrem Hobby nachgehen können und uns alle erhalten bleiben.“